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High End – oder wie teuer es ist, Musik zu hören

Lesedauer: 4 Minuten Wer High End will, muss teuer akzeptieren. Es sind erlesene Materialien und spezielle Zutaten, die einem High Ender gefallen. Ist das nötig?

Accuphase ist der Traum meiner Jugend, wenn es um Verstärkertechnologie ging. Dazu später mehr. Wenn wir gerade bei Jugend sind: in den 80er Jahren waren auch Infinity-Boxen en vogue und teuer. Gibt es leider nicht mehr. Und die CD hatte gerade ihren Siegeszug begonnen. Es hieß, die Platte wird dies nicht überleben und siehe da: im High End Bereich ist sie auch heute noch immer ein Garant für überlegenes Klangerlebnis. High End bedeutet teuer. Muß das wirklich sein?

Was macht heute High End aus?

Wenn man sich den Markt anschaut, dann versuchen sich High End Hersteller (und auch ihre Kunden) von der Masse dadurch abzusetzen, daß Sie viele Zitate “der guten alten Zeit” in ihren Komponenten verwenden. Dazu gehören fast prototypisch Plattenspieler und Röhren in allen Bereichen der Verstärkertechnik. Ein CD-Player mit einer kleinen Vorstufe, die ein bis zwei Röhren eingesetzt hat, ist für mich ein so abstruses Bild dieses High End Trends, der sagt: “Guck her, ich High Ender”. Und natürlich sind die Röhren immer wieder optisch hervorragend freigestellt und verbessern nicht nur den Klang, sondern dienen noch als Heizung und als Leuchte mit schönem, gemütlichem Licht.

Dazu fingerdicke Lautsprecher-Kabel mit spektakulären Ummantelungen. Manchmal denke ich mir bei solchen Kabeln, daß es wichtiger ist ein cooles Aussehen zu bieten, als sich über technische Höchstleistungen abzusetzen. Natürlich bestehen diese Kabel innen immer aus sauerstofffreiem Kupfer (<0,000000009%) und grenzen sich dann wahrscheinlich nur noch durch die Ummantelung voneinander ab.

Bitte verzeiht mir die Ironie, aber manchmal ist die Form der Präsentation und die Diskussion mit High Endern nur mit Ironie zu ertragen. Aber nun zuerst zu der Theorie und dann kommen wir zu meinen persönlichen Erfahrungen.

Was will der High Ender?

Theorie: der High Ender möchte bestmögliche Musikwiedergabe. Dafür opfert er viel Zeit, Geld und auch Nerven, um diesem Ziel näherzukommen. Dafür ist es nötig, daß von der Musikaufnahme bis zur Wiedergabe das ursprüngliche Signal so wenig wie möglich verändert wird. Nur so kann sichergestellt werden, daß man überhaupt die Chance erhält zu hören, was sich Künstler, Ton Ingenieur und andere bei der Erstellung dieser Musikkonserve gedacht haben.

Praxis: Musik kommt heute in vielen unterschiedlichen Medien und Formaten auf unsere Anlagen. Vinyl, CD, SACD, DVD-Audio, BluRay, komprimierte digitale Soundformate wie MP3 oder AAC, Lossless-Formate wie WAV, FLAC oder AIFF. Das ist das Material mit dem wir zu Hause arbeiten können. Und jetzt versucht der High Ender seine Komponenten so aufeinander abzustimmen, daß das ausgelesene (erlesene) Material möglichst unverfälscht in seinen Hörraum abgegeben wird. Der High Ender hört aber nicht bei den Komponenten auf, sondern ihm ist auch noch bewußt, daß die Raumakustik einen großen Einfluss auf die Wiedergabe dieses Materials hat und optimiert die Position der Lautsprecher, die eigene Sitzposition und die Klangeigenschaften von reflektierenden Flächen.

Mein Musikzimmer - High End? Muss nicht teuer sein
Mein Musikzimmer – High End? Muss nicht teuer sein

Eigene Erfahrungen: ich selbst bin erst am Anfang. Ich weiß, daß ich angekommen bin, wenn ein Accuphase Verstärker meine Heim-Anlage ziert. Das ist meine persönliche Zielvorgabe und muss nicht mit der von wahren High Endern übereinstimmen. Über Jahre habe ich mich in meine Musik eingehört und passe langsam – immer abgestimmt auf meine finanziellen Möglichkeiten – die Komponenten meiner Anlage an. Ein weiteres Ziel ist es mit digitalen Lossless-Formaten zu arbeiten. Diese sind auf dem deutschen Markt allerdings noch nicht so verbreitet.

Fazit

Ich bin davon überzeugt, daß der pure Materialeinsatz nicht gute Musik garantiert. Einen Großteil meiner Aha-Erlebnisse verdanke ich kleinen Anpassungen der Raumdämpfung, der Aufstellung und Ausrichtung der Lautsprecher. Ich würde mir manchmal wünschen, daß auch bei normalen Stereo-Anlagen eine Einmesseinrichtung angeboten wird, die es erlaubt, die optimalen Positionen zu finden und auch dabei zu helfen, kritische Raumeigenschaften zu identifizieren und Workarounds zu finden.

Ich bin aber doch davon überzeugt, daß Musik ein solches Dynamikspektrum bietet, welches nur mit passendem Materialeinsatz wiedergegeben werden kann. Verstärker brauchen Leistung, Plattenspieler brauchen erschütterungsentkoppelte Laufwerke, digitale Format brauchen hochwertige DA-Wandler, Lautsprecher benötigen ein resonanzarmes Gehäuse, Kabel benötigen ausreichend große Querschnitte.

Aber manche High Ender übertreiben bei einigem “Voodoo-Kram” doch sehr. Dazu gehören für mich Stromaufbereiter, spezielle Steckerleisten und die richtige Phase von Steckern, Röhren überall, Abschlusswiderstände für Anschlüsse an Geräten, Aufsätze für nicht benutzte Netzstecker, Entmagnetisierer für CDs und was es sonst noch für Geheimmassnahmen für optimalen Klang geben mag. Oh ja: Klangschalen gehören auch dazu 🙂

Das schöne an High End ist, daß man nach dem Optimum strebt. Und es viele Wege dorthin gibt. Und wir werden wahrscheinlich nie am Ziel sein. Ich hoffe, daß mein Tinitus mir auch weiterhin ermöglicht, die Musik als solches zu geniessen und mich immer wieder von neuem überraschen zu lassen.

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