Nach unserem Umzug in eine neue Wohnung stand ich vor der Herausforderung, einen Kellerraum auch an mein Netzwerk über Devolo Powerline anzubinden. In diesem wollte ich mein Computermuseum aufbauen und natürlich auch mit dem Internet verbinden.
Was soll daran so schwierig sein fragt der geneigte Leser? Zwischen der ersten Etage und dem Keller kann ein WLAN doch auch weit genug funken. Oder man kann ein Kabel nach unten ziehen. Ja, alles richtig. Tatsächlich erreiche ich das WLAN aus der ersten Etage im Keller mit knapp 20 Mbit Downstream und 6 Mbit Upstream (20/6 Mbit/s). Das ist doch gut, oder? Nicht wirklich, wenn man weiß, dass im Wohnzimmer in der Nähe des WLAN-Routers eine 500/50 Mbit/s Datenbandbreite bereitsteht. Und ein Kabel werde ich als Mieter nicht außen am Haus entlang verlegen (dürfen). Also musste ich eine andere Lösung finden.
Powerline ist die Technik für schwere Fälle der Vernetzung im Haus
Meine Lösung heißt Devolo Powerline. Die Daten werden vom Router über eine spezielle Hardware eines Anbieters in das Stromnetz des Hauses eingespeist. Die Idee ist, dass dann im Kellerraum eine weitere Hardware an einer Steckdose angeschlossen ist, die das Netzwerksignal in diesem Kellerraum ausleitet. Wenn alles gut geht, dann kommt auch mehr als über die reine WLAN-Strecke im Keller an. So weit die Theorie. In der Praxis ist ein Stromnetz kein wirklich guter Überträger von Datensignalen. Jeder am Netz hängende Abnehmer kann zu Störungen des Signals führen. Die blumigen Marketingslides der Anbieter Devolo und AVM zeigen auf, was unter optimalen Bedingungen möglich wäre.
AVM Fritz!Powerline 1260 WLAN
AVM aus Berlin hat neben seiner breiten Palette an Routern auch eine Powerline Technik im Angebot. Sie nennen die Geräte Fritz!Powerline und bieten mehrere Packages für unterschiedliche Einsatzzwecke an. Am interessantesten sind die WLAN Sets, z.B. das FRITZ!Powerline 1260 WLAN Set. Folgende technische Spezifikationen hebt das AVM Marketing hervor:
- Gigabit-Powerline bis zu 1.200 MBit/s
- Mehr WLAN in jedem Raum
- WLAN bis 866 (bei 5 GHz) + 400 MBit/s (bei 2,4 GHz)
- MIMO-Technologie für mehr Reichweite
Mit mehreren der WLAN-Adapter aus diesem Set wird ein WLAN Mesh aufgebaut. Ihre MIMO-Technologie würde für 60 bis 80% höhere Datenrate über die Steckdose sorgen. Höher als was? Als konventionelle Technik von früher oder gegenüber der Technik der Konkurrenz?

Das Set gibt es (Stand 11.9.2023) ab 119€ und besteht aus dem 1220E-Basisadapter mit integrierter Steckdose und dem Extender 1260E als WLAN Accesspoint. Der Extender hat aber keine Steckdose und dies ist meiner Meinung nach ein gravierender Nachteil gegenüber Lösungen der Konkurrenz.
AVM verwendet den HomePlug-AV2-Standard und natürlich ist die Kommunikation über die Stromleitung und der WLAN-Funk verschlüsselt. Dieses Set ist ein günstiger Einstieg in die AVM Fritz!-Familie von Geräten. Da ich aber von Vodafone die Vodafone Station im Einsatz habe und kein AVM-Produkt bestellt habe, habe ich mich gegen dieses Produkt entschieden. Vor allem die fehlende Steckdose im Extender hat mich abgeschreckt.
Devolo Magic 2 Wifi Next
Devolo ist eine Aachener Firma, die ich als Pionier der Powerline-Technik wahrgenommen habe. Das erste Mal, als ich von dieser Technik gehört habe, waren Devolo-Komponenten eingesetzt. Devolo ist teurer als AVMs Fritz!Powerline Reihe, und auch teurer als die Produkte von TP-Link und D-Link.

Da der HomePlug-Standard seit 2015 nicht mehr weiterentwickelt wird, hat sich Devolo in seinen neuesten Produkten für den aktuellen G.hn-Standard entschieden. Die Geräte verwenden den Chipsatz von Maxlinear, der nach G.hn Wave 2 arbeitet. Die nächste Stufe Wave 3 wird gerade in technischen Gremien diskutiert.
Auch Devolo nutzt den MIMO-Modus (Multiple Input Multiple Output) und soll Brutto auf 2400 MBit/s kommen. Von diesen Bruttowerten sollte man sich nicht blenden lassen. Was letztendlich über das Stromnetz kommt ist eher ernüchternd.

Ich habe mich für das Multiroom Set der Produktreihe Magic 2 Wifi Next entschieden. Das beinhaltet zwei WLAN-Extender mit Passthrough-Steckdosen. Es ist die etwas ältere Lösung mit Wifi 5. Die neue Version heißt Magic 2 Wifi 6, ist teurer und leistet nicht mehr. Wifi 6 bringt wenig in meiner Umgebung. Beide Systeme bieten die Möglichkeit ein Mesh-Netzwerk aufzubauen. Standardmäßig ist diese Einstellung konfiguriert. Einen Vergleich der Devolo-Lösung mit der AVM-Alternative findet man in diesem Test durch die FAZ vom 12.6.2023.

Ich habe dafür 279€ bezahlt, was im Vergleich zu den AVM Produkten sehr teuer ist. Ein zweiter WLAN-Extender ist aber enthalten in diesem Multiroom Set.
Aufsetzen des Powerline Netzwerks
Die Inbetriebnahme des Sets ist maximal einfach. Die Beschreibung hilft einem sich zu orientieren für die ersten Schritte bei der Installation. Aber alles läuft automatisch ab. Ich habe dann noch dafür gesorgt, dass die Extender die WLAN-Informationen vom Vodafone-Router übernehmen. Das läßt sich einfach mit der WPS-Taste an der Vodafone Station konfigurieren. So zeigt sich in unserer Wohnung nur ein einheitliches WLAN-Netzwerk.
Eine Schwierigkeit stellte aber ein automatisches Firmware-Update bei dem Extender im Kellerraum heraus. Der Update-Prozess wurde wegen schlechter Verbindung unterbrochen und damit war dieses Gerät nicht mehr nutzbar. Wenigstens war ich nicht in der Lage, das Gerät auf den Auslieferungszustand zurückzusetzen. Es kam nur ein Umtausch in Frage. Die neuen Geräte funktionieren seit mehreren Wochen einwandfrei. Auch das Firmware-Update lief ohne Störung. Vielleicht war das Gerät auch defekt.
Erfahrungen mit Powerline von Devolo
Wer glaubt, dass mit dem Einsatz der Powerline Technik die komplette verfügbare Datenbandbreite von 500/50 MBit/s weitergegeben wird, ist ein heilloser Optimist. Die dezenten Anmerkungen auf allen Herstellerseiten und auch auf den Verkaufsseiten, dass viele Faktoren die Übertragungsleistung negativ beeinflussen können, ist schon ein deutlicher Hinweis. Dass es aber so schlecht sein würde habe ich nicht erwartet. Ich bin durch ein Tal der Tränen gegangen.
Der Kellerraum enthält vier unterschiedliche Steckdosen. Folgende Messwerte habe ich mit der App Breitbandmessung der Bundesnetzagentur in mehreren Versuchen ermittelt. Ich möchte nochmal darauf hinweisen, dass das WLAN ohne Powerline mit knapp 20 Mbit/s Downstream und 6 Mbit/s Upstream (20/6 Mbit/s) ankommt.
Steckdose | Downstream (MBit/s) | Upstream (MBit/s) | Kommentar |
---|---|---|---|
Steckdose 1 | 10,45 | 0,49 | 1. Versuch |
12,29 | 1,15 | 2. Versuch | |
Steckdose 2 | 2,03 | 0,30 | 1. Versuch |
3,02 | 0,30 | 2. Versuch | |
Steckdose 3 | 18,37 | 0,21 | |
Steckdose 4 | 66,03 | 31,25 | 1. Versuch |
22,03 | 32,19 | 2. Versuch | |
64,59 | 34,64 | 3. Versuch |
Was für unterschiedliche Ergebnisse. Dass dies alles Messergebnisse von unterschiedlichen Steckdosen im selben Raum mit einer so großen Bandbreite an Datenraten sind, ist fast nicht vorstellbar. Eine der Steckdosen liefert konsistent mehr als die doppelte Datenbandbreite als die WLAN Verbindung. Ich muss mich glücklich schätzen, dass ich überhaupt eine Steckdose gefunden habe, über die Powerline einigermaßen funktioniert. Das Ergebnis kann man durchaus als ernüchternd einstufen. Downstream kommt nur 15% der maximal möglichen Leistung an. Im Upstream sind knapp 50% möglich.
Fazit

Ich habe auf ein Luxusproblem viel Geld geworfen und wenig Leistung dafür erhalten. Stromnetze in einem Wohnhaus aus den 70er Jahren sind kein guter Leiter für Datenübertragungen. Wenn ich Pech gehabt hätte und nicht eine Steckdose mit etwas mehr Leistung als die WLAN-Datenrate gefunden hätte, wäre das Ergebnis desaströs gewesen. So stimmt das Ergebnis ein wenig versöhnlich.
Den zweiten Extender habe ich übrigens in das Arbeitszimmer meiner Freundin gesteckt. Dieses Arbeitszimmer liegt genau auf der genüberliegenden Seite des Hauses, wo der Router installiert ist. Ohne diesen kommen über das WLAN 30,95/32,9MBit/s an. Mit dem Devolo Extender sind an der besten Steckdose 113,96/47,97MBit/s möglich. Also auf derselben Etage ist das Stromnetz weniger kritisch mit den Datenpaketen. Wenigstens ein kleiner Erfolg.
Insgesamt ist das Ergebnis gerade zufriedenstellend. Den Bruttoraten der Anbietern darf man eh nicht glauben.