Research in Motion wurde 1984 in Kanada von zwei Ingenieuren gegründet, die im Bereich der Mobilfunktechnologie Expertise aufbauten. Ende der 90er-Jahre wurde der erste Pager herausgebracht. Und 1999 kam der erste Pager mit Tastatur unter dem Namen BlackBerry auf den Markt. Der Name BlackBerry wurde von der Form der Tasten auf der Tastatur der Geräte von Research in Motion abgeleitet. Ich berichte in meiner BlackBerry Story über den Abstieg dieser innovativen Firma.
Wo habe ich BlackBerry kennengelernt?
Meine Erinnerung an Research in Motion (RIM) und ihre BlackBerry-Geräte ist vor allem in Begegnungen mit Business-Kollegen begründet, die ich bei Business-Flügen quer durch Europa in den Jahren 2004-2010 immer wieder beobachtet habe. Während ich bereits die ersten Smartphones mit Windows Mobile Betriebssystem (wie z.B. dem Telekom MDA Compact) benutzte, sah ich diese Kollegen immer mit ihren BlackBerrys arbeiten. Diese Geräte waren bei den Managern aller Branchen extrem beliebt und erfolgreich. Aufgrund der cleveren Technik von RIM konnten diese auf Emails mit Anhängen sehr schnell zugreifen und waren damit sehr produktiv.
Während Office-Dokumente auf Windows Mobile Smartphones komplett heruntergeladen werden mußten bevor man die Inhalte prüfen konnte, wurden bei RIM diese Dokumente auf Serverseite in kleine kompakte Pakete aufbereitet und konnten sehr schnell und datensparsam versandt werden.
Mit BlackBerrys war man damals einfach schneller und effizienter unterwegs. Besonders bei schlechten Datenverbindungen waren die BlackBerrys im Vorteil. Neben der cleveren Datenaufbereitung war auch das ungeschlagen gute und ergonomische Keyboard das Alleinstellungsmerkmal von BlackBerry-Geräten. Schnelles und sicheres Tippen war damit möglich. Selbst als mit dem ersten iPhone ab 2007 die Smartphones ohne Hardware-Tastatur die Herrschaft übernahmen konnte sich RIM noch bis 2014 mit ihren Produkten und Services am Markt halten.
Eine meiner intensivsten Erinnerungen an RIM war ein U2-Konzert im Berliner Olympiastadion im Jahr 2009. Dieses Konzert wurde damals von RIM gesponsort, und überall im Stadion waren Werbungen zu BlackBerry-Produkten der damaligen Zeit sichtbar.

Was hat BlackBerrys besonders gemacht?
Ich selbst habe nie ein BlackBerry-Gerät genutzt und kann deshalb nicht über die User Experience berichten. Neben der hervorragenden Tastatur gab es auch raffinierte Steuerkonzepte wie das Trackwheel zur schnellen Navigation durch lange Listen, eine spezielle Escape-Taste an der rechten Geräteseite, später gab es dann einen beleuchteten Trackball und direkt daneben wieder die Escape-Taste. Damit konnte eine konsequente Einhandbedienung der Geräte erreicht werden. Nach schlechten Erfahrungen mit dem Trackball führte RIM dann ein Trackpad an derselben Position oberhalb der Tastatur ein. Mit der Einführung des Blackberry 10-Betriebssystem (BB10, ab Ende 2013) konnten die Geräte auch über einen Touchscreen bedient werden.
Alleinstellungsmerkmale von Blackberrys gegenüber der Konkurrenz
Aber trotz der immer erfolgreicheren iPhones und Android-Smartphones konnte sich RIM mit seinen BlackBerrys im Business-Bereich bestens behaupten und hatte auch für Consumer interessante Produkte (z.B. das BlackBerry Pearl von 2006 mit dem sogenannten SureType Keyboard) am Markt.
Gerade die Unterstützung durch die Telekommunikationskonzerne überall auf der Welt garantierte RIM einen großen Marktanteil. BlackBerrys wurden gerne angeboten, da man zusätzlich noch den sicheren und verschlüsselten BlackBerry Enterprise Service (BES) für die Email-Funktionalität verkaufen konnte. Dazu wurde dem Kunden eine BIS Option für die Mobilfunkkarte gebucht, die eine Grundgebühr und eine Gebühr für das beauftragte Datenvolumen beinhaltete. Dies war für alle BlackBerrys bis zur Einführung von BB10 erforderlich. Firmen konnten sich einen Server für BES auch in das eigene Rechenzentrum stellen und darüber die Kommunikation mit den Endgeräten ihrer mobilen Mitarbeiter noch sicherer gestalten.
Ein weiteres großes Alleinstellungsmerkmal war der BlackBerry Messenger (BBM), ein Vorgänger von Apples Nachrichten oder WhatsApp. Statt teurer SMS und MMS wurden die Nachrichten über die Internet-Leitung an andere BlackBerry-Nutzer geschickt und verursachten keine Extrakosten.
BlackBerry: eine Story über den Abstieg einer Industrieikone
Ab 2010 wurde allerdings offensichtlich, daß RIM mit seinen Produkten und Lösungen am Markt immer weniger erfolgreich war. Trotz guter Verkaufszahlen wuchsen die Marktanteile der Smartphone-Konkurrenten wesentlicher stärker. Die erfolgreichen Apps auf den iOS- und Android-Plattformen gab es nicht für die BlackBerrys und so wechselten immer mehr Nutzer zu den Smartphone-Plattformen von Apple, Google und anfangs auch Microsoft.
Die ersten Touchscreen Blackberrys hatten eine spezielle Mechanik, die ein haptisches Feedback erlauben sollte, wenn man den Touchscreen drückt (SurePress). Vor allem für die eingeblendete Bildschirmtastatur (SureType, wenn hochkant gehalten; QWERTZ, im Querformat) sollte dies ein besseres Gefühl beim Tippen als bei normalen Smartphones mit kapazitiven Touchscreen ergeben. Aber das Gerät ohne WLAN (Storm 9500) auszuliefern, war wirklich nicht praxisgerecht. Auch der Browser war nicht leistungsfähig genug und auf Flash mußte man damals auch verzichten. Manche behaupten, daß das Storm der größte Misserfolg in der Geschichte der Smartphones war.
Ein Produkt nach dem anderen konnte nicht mit den neuen Smartphone-Plattformen mit ihren App-Ökosystemen konkurrieren. Der Markt reagierte und der Aktionkurs fiel von 2008 bis 2012 um 70%. Ende 2012 entschied sich in einem kontroversen Board-Meeting der damalige CEO Thorsten Heins gegen die Stimme von Blackberrys Mit-Gründer Mike Lazaridis alles auf das Touchscreen-Smartphone Blackberry Z10 zu setzen. Acht Monate später berichtete das Unternehmen einen Quartalsverlust von über 900 Millionen US$. Das Z10 lag wie Blei in den Regalen und in Folge dieser Fehlentscheidung mussten 4500 Mitarbeiter entlassen werden. Eine detaillierte Analyse des Aufstiegs und des Falls von RIM/Blackberry beschreibt die Umstände sehr deutlich.
Mit dem BlackBerry Playbook brachte RIM auch ein Tablet heraus. Problematisch war, daß man es nur sinnvoll in Verbindung mit einem BlackBerry-Telefon nutzen konnte.
BlackBerry Geräte-Meilensteine
Trotzdem möchte ich die Geräte-Meilensteine von Research in Motion (1984-2013) aufzeigen:
BlackBerry 850 (1999)
Pager und Email-Terminal

BlackBerry 5810 (2002)
Das erste BlackBerry mit Telefon-Funktionalität

BlackBerry 7290 (2004)
Das erste BlackBerry mit Farbdisplay, Bluetooth und Wifi

BlackBerry Pearl (2006)
Einführung von Trackball und Kamera und großer Erfolg im Consumer-Segment

BlackBerry Curve (2007)
Fullsize-Tastatur zu einem günstigen Preis

BlackBerry Bold (2008)
Das bekannteste und ikonischste BlackBerry

BlackBerry Storm (2008)
Die Antwort auf das iPhone. Das erste BlackBerry mit Touchscreen

BlackBerry Torch (2010)
Das erste Slider-BlackBerry

BlackBerry Playbook (2010)
Das erste BlackBerry-Tablet

BlackBerry Bold 9900 (2011)
Das letzte wirklich großartige BlackBerry

BlackBerry Z10 (2013)
BB10 und der Fall von BlackBerry

BlackBerry Q10 (2013)
Das zweite BB10-BlackBerry mit Tastatur

Ein neuer Name soll es richten
Ab 2013 benannte sich RIM in BlackBerry um. In diesem Jahr suchte man auch Käufer für das Unternehmen. Der ehemalige Sybase-Manager John Chen übernahm die CEO-Rolle und fokussierte sich mehr auf Software und Services. Trotzdem kamen noch Geräte-Meilensteine von BlackBerry (2014-heute) heraus, obwohl ab 2016 Smartphones nur noch in Lizenz hergestellt werden sollten. Ab 2015 setzte man auf Android und BlackBerry konzentriert sich darauf, BlackBerry-Smartphones für den geschäftskritischen Einsatz zu härten und abzusichern. Der Marktanteil ist nur noch sehr gering.
BlackBerry Passport (2014)
Wie der Name schon sagt, im Format eines Reisepasses

BlackBerry Classic (2014)
Wiederbelebung des BlackBerry Bold

BlackBerry Priv (2015)
Das erste BlackBerry mit Android OS

BlackBerry KeyOne (2017)
Das erste BlackBerry unter Leitung von TCS

BlackBerry Key2 (2018)
Das neueste BlackBerry-Flagschiff

Was bleibt von RIM und BlackBerry?
RIM gibt es nicht mehr. Aber Smartphones unter dem Namen Blackberry wird es auch weiterhin geben. Dies war eine Geschichte einer Firma, die es mit Alleinstellungsmerkmalen geschafft hat, trotz der Überlegenheit der iOS- und Android-Plattformen zu überleben. Andere Firmen wie z.B. Nokia sind kaputtgegangen.
Ich fand RIM oder BlackBerry immer bemerkenswert, obwohl ich nie eines ihrer Geräte hatte. Jetzt habe ich von meinem Freund Gernot ein BlackBerry Bold 9700 aus dem Jahr 2009 für meine Sammlung geschenkt bekommen und ich durfte ein wenig mit diesem Gerät spielen. Ich konnte ein wenig die Faszination nachvollziehen, die dieses kleine Gerät auf ihre Nutzer ausübte.
Vielen Dank, Gernot. Erst durch Deine Spende konnte dieser Artikel entstehen. Und ich freue mich auf meinen neuen Zugang für das Computermuseum.
Update 15.6.2020: wegen des BlackBerry Bold 9700 und dieses Artikels über RIM/BlackBerry habe ich nun auch bei eBay ein BlackBerry PlayBook ersteigern können. Ein wirklich großartiges Gerät mit einem User Interface, was bei Apple erst mit dem iPhone X so eingeführt wurde.