Ich bin immer auf der Suche nach groĂartigen StĂŒcken der Computergeschichte. Speziell bei solchen, wo Ingenieure neue Wege beschreiten muĂten, um herausfordernde Vorgaben zu erfĂŒllen.
Dr. John Karidis von IBM ist derjenige, der damals die Lösung fand, fĂŒr ein kompaktes GerĂ€t eine vollwertige Tastatur zu entwickeln. Vor allem wo doch IBM immer zu recht stolz auf die Tastaturen seiner Thinkpads gewesen ist. Mit der einen Ausnahme des Thinkpads 500, welches eine Art „MĂ€useklavier“ mit kleinen Tasten und geringen Tasten-AbstĂ€nden hatte. Diese Tastatur war nicht ergonomisch.
Deshalb wurde bei der Entwicklung des IBM Thinkpad die Anforderung formuliert, daĂ eine der anerkannten guten Thinkpad-Tastaturen verbaut werden sollte. Aber wie sollte das gehen, wenn die GehĂ€usemaĂe (Breite 24,6 cm) des Notebooks kleiner als die TastaturgröĂe (Breite 29,2 cm) waren?
Die Lösung war so innovativ wie einfach, so daà dieses GerÀt auch heute noch im Museum of Modern Art, MOMA, in New York ausgestellt wird (Link).
Es war Zufall, daĂ ich eines dieser GerĂ€te auf eBay ersteigern konnte. Es ist ein Thinkpad 701CS, welches die weniger fortschrittliche Displaytechnik verbaut hat und deshalb auch gĂŒnstiger ist. Das CS hatte ein 10,4″ Dual-Scan Super-Twisted Nematic (DSTN) Passive Matrix Display. Das C hatte dagegen ein Thin-Film Transistor (TFT) Black Matrix Display,
Mein GerÀt hat leider keinen Akku und keine Festplatte mehr. Der Festplattenhalter ist aber noch vorhanden.
Wie wurde die Tastatur konstruiert?
Im Grunde besteht die Tastatur aus zwei Dreiecken, die mechanisch verschoben werden. Im geschlossenen Zustand ist der rechte Teil der Tastatur (das obere Dreieck) im oberen Teil des GehĂ€uses geparkt. Der linke Teil der Tastatur (das untere Dreieck) ist im unteren Teil des GehĂ€uses geparkt. Beide Teile sind auf der selben Ebene positioniert, damit das GehĂ€use nicht zu dick wird. In einem Tangram-Spiel kann man schön mit zwei rechtwinkligen Dreiecken dieses Verhalten nachvollziehen. Dankenswerter Weise hatten die Displays damals noch ein 4:3-VerhĂ€ltnis und dadurch war genĂŒgend Platz in der Tiefe des GehĂ€uses vorhanden.
Diese beiden Dreiecke wurden durch eine groĂartige Mechanik verschoben. Beim Ăffnen des Display-Deckels verschob ein spezielles Scharnier aus Metall die beiden Dreiecke zueinander, bis schlieĂlich im voll geöffneten Zustand beide Tastaturdreiecke sauber nebeneinander standen. Die Tastatur hing dann auf jeder Seite um knapp 2cm ĂŒber dem AuĂenrand des ComputergehĂ€uses darunter. Beim SchlieĂen kam dieselbe magische Mechanik zum Einsatz und die beiden HĂ€lften verschoben sich sanft ĂŒbereinander und verschwanden komplett im GehĂ€use. Ein groĂartiges Schauspiel, von dem man nicht genug bekommen kann.
Wie erfolgreich war dieses GerÀt?
Das GerĂ€t kam zur falschen Zeit und war nicht erfolgreich. Zu dem Zeitpunkt, als das Thinkpad 701 auf den Markt kam, wurden gröĂere Displays gĂŒnstiger und fortan waren kompakte GerĂ€te nicht mehr im Trend. Stattdessen wollte jeder gröĂere Bildschirme haben und Notebooks mit BildschirmgröĂen ab 12″ wurden nachgefragt.
ZusĂ€tzlich war der 486 Prozessor zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zeitgemÀà und nicht mehr leistungsfĂ€hig genug. Bastler bauten spĂ€ter in das GehĂ€use stĂ€rkere AMD-Prozessoren und mehr Speicher ein und verlĂ€ngerten damit das Leben dieses kleinen SchmuckstĂŒcks.
Lenovo hat spĂ€ter die Thinkpad-Produktion von IBM gekauft und vermarktet die Thinkpads weiterhin, diesmal aber unter dem Lenovo-Branding. Der Name Thinkpad steht weiterhin fĂŒr groĂartige Tastaturen und den roten Touch-Stick innerhalb der Tastatur, welcher ein hervorragendes Pointing-Device darstellt. Im Jahr 2017 feierte Lenovo das 25jĂ€hrige Bestehen der Thinkpad-Marke.
Heutzutage ist die typische Bildschirmdiagonale 16:9, manchmal sogar 18:9, was dafĂŒr sorgt, daĂ Tastaturen breiter gebaut werden können und keine Kompromisse bei der SchreibqualitĂ€t eingegangen werden mĂŒssen. Deshalb wird man diese groĂartige mechanische Lösung nie mehr angewendet sehen. Schade.
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