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Apple Computer in Brasilien

Lesedauer: 6 Minuten Es war schwierig Apple Computer in Brasilien in den 80ern zu kaufen. Für Desktop Publishing konnte man den Macintosh importieren.

Während meines Urlaubs in Portugal 2023 traf ich einen brasilianischen Freund und interessanten Apple-Computerprofi. Von ihm lernte ich die spannende Geschichte von Apple Computer in Brasilien in den 80er Jahren kennen. Eine besondere Geschichte, da es ausländischen Computerfirmen damals nicht erlaubt wurde in Brasilien Computer zu verkaufen. Die protektionistischen Regelungen der brasilianischen Regierung sollte es einheimischen Firmen erlauben eigene Computerprodukte für den Markt zu entwickeln (ISI-Strategie). Tatsächlich hat sich eine kleine Anzahl von Firmen wie z.B. Microdigital etabliert, die Klone von bekannten westlichen Computern entwickelt und verkauft haben. Beliebte Computer damals waren der Sinclair ZX Spectrum und der Apple II. Microdigital hat damals den TK90X herausgebracht als (verbesserte) Kopie des Sinclair ZX Spectrum. Und außerdem den TK3000 als Apple Klon.

Genauso wie Milmar den Master als Klon des IIe mit eingebautem Z80-Prozessor für CP/M verkaufte.

Mac Klon aus Brasilien

Eine weitere brasilianische Firma namens Unitron kopierte den Macintosh im Jahr 1986. Eine Quelle besagt, dass dieses Produkt nicht produziert wurde. Apple und andere große Firmen beklagten sich bei der US Regierung u.a. über diesen brasilianischen Klon.

Der erste Macintosh Clon - aus Brasilien
Der erste Macintosh Clon – aus Brasilien (Quelle: brasilwire.com)

Und so setzte die US Regierung Brasilien unter Druck und drohte mit Handelssanktionen, wenn die Praxis des unberechtigten Klonings nicht beendet wird. Schließlich beugte sich die brasilianische Regierung und verbot die weitere Produktion des Mac Klons von Unitron.

Desktop Publishing mit dem Mac

Also musste der Mac importiert werden. Nur über Tricks konnte man diesen Computer mit seiner revolutionären grafischen Benutzeroberfläche nach Brasilien holen. Der Mac war damals sehr gefragt, da es mit Aldus Pagemaker die erste Killerapplikation für diesen Computer gab.

Screenshot von Aldus Pagemaker
Screenshot von Aldus Pagemaker (Quelle: interface-experience.com)

Desktop Publishing hieß das Zauberwort. Mit dem damals auch neuen Apple LaserWriter wurde fast professioneller Drucksatz möglich.

Vorher war dies nur mit sehr viel teureren Fotosatzsystemen möglich. Nun brauchte man nur einen Mac, Pagemaker und den LaserWriter.

Aldus Pagemaker, Apple Macintosh und Apple LaserWriter (Quelle: Terry White, LinkedIn)

Zwar waren die Ergebnisse nicht so gut wie mit Fotosatzmaschinen von Linotype. Aber es war ein kostengünstiger Einstieg. Mit QuarkXPress kam 1987 dann die richtig professionelle Lösung für den Mac auf den Markt, welche bis Anfang der 90er Jahre einen Marktanteil von 90 Prozent im Desktop Publishing Markt hielt.

Wie kam der Mac nach Brasilien?

Den Mac konnte man nur importieren, wenn man eine ganz besondere Verwendung gegenüber der Regierung angeben konnte und einen Import-Antrag stellte.

Zeitungen und Magazine in Brasilien benötigten professionelle und kostengünstige Lösungen für den Drucksatz. Und diese Anforderungen erfüllte nur ein Macintosh mit Software wie Aldus Pagemaker und Apple LaserWriter. Also bestand der Trick darin eine Zeitschrift aufzukaufen oder zu gründen, wenn man legal einen Macintosh nutzen wollte. Dadurch waren die Verlage in der Lage zu begründen, warum sie Apple Computer importieren wollten. Diesem Antrag wurde stattgegeben.

Desktop Publishing auf dem Macintosh (Quelle: The Computer Chronicles)

In der Folge wurden nun Apple Macintoshs für Verlage gekauft, aber auch weiterverkauft. Dadurch entstand ein kleiner exklusiver Markt von Apple Macintoshs in Brasilien.

Kompetente Mitarbeiter gesucht

Es wurden natürlich Mitarbeiter gesucht, die sich mit diesem Computer auskannten. Die gab es natürlich noch nicht. Mein brasilianischer Freund erzählte mir, dass er in seinem Vorstellungsgespräch beweisen sollte, dass er sich mit diesem Computer auskennt. Ihm wurde die Aufgabe gestellt, den Mac und einen LaserWriter zu verbinden und einen Text zu schreiben. Dieser sollte auf dem Drucker ausgegeben werden.

Zum Glück war der Mac eine andere Klasse von Computer als alles was es zuvor am Markt gab. Die Geräte zusammenzustecken war einfach. Und auch die Geräte einzuschalten und sich mit der grafischen Benutzeroberfläche vertraut zu machen war leicht. Aber wo war eine Textverarbeitung, mit der man diesen Text schreiben konnte? Mit dieser Frage trat er an seinen Kontakt in der Firma und erhielt eine Diskette mit der benötigten Software.

How to use a Macintosh (Quelle: epicyoutubevideos)

Diese grafische Benutzeroberfläche und die Textverarbeitung waren eine Offenbarung. Innerhalb kürzester Zeit wurde der benötigte Text geschrieben. Außerdem wurde noch intensiv Gebrauch gemacht von den unterschiedlichen Schriftarten. Und zum Schluss zeigte der Ausdruck, dass es sich wirklich um ein WYSIWYG System handelte. Das war einfach.

So wurde er eingestellt und arbeitete in den nächsten Jahren im Apple Macintosh Sales und Maintenance Business in Brasilien. Obwohl offiziell keine Macs in Brasilien verkauft wurden. Fortgebildet hat er sich mit Schulungen bei Apple in Kalifornien.

Damals und Heute

Damals musste man Tricks anwenden, um Apple Macintosh Produkte in Brasilien verwenden zu können. Diese Situation hielt bis 1992 an. In diesem Jahr wurde das Gesetz verändert und Computerprodukte konnten wieder eingeführt werden. Apple konnte seine Produkte wieder auf dem brasilianischen Markt verkaufen. Allerdings war durch den Importstop und die nur wenigen importierten Macs über den oben genannten Trick der brasilianische Markt für Apple verloren. Brasilien war und blieb ein Markt für PC kompatible Computer.

Auch heute ist es nicht einfach Apple Produkte für faire Preise zu bekommen. Aufgrund hoher Importsteuern und schlechter Währungskurse sind zum Beispiel iPhones sehr teuer im Vergleich zu anderen Ländern. Deshalb kaufen viele Brasilianer ihre iProdukte im Ausland. Außerdem besaß die Firma Gradiente von 2008 bis 2018 die Namensrechte für iPhone auf dem brasilianischen Markt.

Es gibt nur zwei Apple Stores in Brasilien. Für ein Land mit mehr als 200 Millionen Einwohnern ist das wenig.

Fazit

Apple Computer Brasil wurde erst im Dezember 1995 gegründet. Vorher hatte sich eine Repräsentanz in diesem großen Markt für Apple nicht gelohnt. Tricks waren erforderlich, um Macintoshs nach Brasilien zu importieren. Für diejenigen, die damals dabei waren und sich schon in den 80er Jahren mit diesen Produkten beschäftigen durften, war es herausfordernd und motivierend. Über seine Erfahrungen mit Apple in Brasilien hat mein brasilianischer Freund auch in seiner Masterarbeit geschrieben.

Tim Cook ist bewusst, dass der brasilianische Markt einer der größten der Welt ist für Smartphones und Computer. Und die Brasilianer lieben das iPhone. Obwohl es auch gefährlich sein kann ein aktuelles iPhone offen in Brasilien zu nutzen.

Seit 2022 produziert Apple mit seinem Produktionspartner Foxconn auch iPhones in Brasilien. Aber Apple hat es nicht einfach auf dem brasilianischen Markt. Die fehlenden Netzteile in den iPhone-Verpackungen führten im Jahr 2022 zu einem Verkaufsstopp der Modelle iPhone 12 und 13.

Nicht gerade eine Liebesbeziehung zwischen den brasilianischen Behörden und Apple.

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