Am 30. Juli 1940 wurde Clive Marles Sinclair in Richmond, UK, geboren. Was hat mich dieser Mann in meinem Leben beeinflusst! Sein Computer ZX81 war meine erste Berührung mit Computern, der Programmierung und einer ganz neuen Welt von Erfahrungen für einen 14-jährigen. Und der zweite Mann, der mich in meinem Leben genauso beeinflusst hat, war mein Vater, als er vor dem Sinclair ZX81 stand und mich fragte, wie man diese merkwürdige Tastatur bedient. Ich wollte herausfinden, wer Sir Clive Sinclair ist.

Was hat Sir Clive Sinclair ausgemacht? Was waren seine Stärken, was seine Schwächen? Fragen, die ich mit einer ausgedehnten Analyse in vielen Quellen für mich beantwortet habe. Ich werde private Aspekte wie seine Frauen nennen, ich werde seinen ausgeprägten Willen bis hin zur Sturheit analysieren, seine Produkte und die Menschen mit denen er gearbeitet hat beleuchten. Zum Schluß werde ich ein Fazit abgeben, wie ich persönlich diesen Menschen wahrgenommen habe.
Wer war Sir Clive Sinclair?
Die meisten Berichte über Sir Clive fangen natürlich mit seiner Herkunft und Kindheit an. Sie beschreiben das familiäre Umfeld, die von ihm besuchten Schulen und die Zeit in der er groß geworden ist. Dazu werde ich auch kommen, aber erst später, wenn ich seinen Charakter eingehender beschrieben habe und wie dieser Charakter geprägt worden ist.
Viele andere Berichte beschränken sich auch meistens auf seine Erfolge und Misserfolge vor allem in den 80er Jahren. Seine Computerprodukte und seine elektrischen Fahrräder. Auch dazu komme ich später, da diese Zeit natürlich unsere Wahrnehmung über den Unternehmer und Erfinder Sir Clive Sinclair geprägt hat.
Für mich war Sir Clive die Person, die es mir ermöglicht hatte günstig in die Computerwelt einzusteigen. Obwohl die hinzugekauften Artikel (Cassettenrecorder, Monitor, Speichererweiterung, Zusatztastatur, Quick Save-Lösungen) den Gesamtpreis des Paketes dann wieder ungünstiger verändert hatten im Vergleich mit teureren Computern dieser Zeit, z.B dem Commodore C64.
Technische Meilensteine
Daß dieser Mann schon immer die besondere Leidenschaft hatte technische Produkte – vor allem elektronische – immer nach der Maxime „möglichst günstig“ zu produzieren und zu verkaufen, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Darüberhinaus versuchte er alle seine Produkte auch bezüglich der Größe immer zu minimieren.
Dazu gehörten
- sein erster Verstärker (Sinclair micro-amplifier, 1962),
- die kleinsten FM-Radioempfänger der Welt (Sinclair Micromatic, 1967),
- die „Stereo Sixty“ genannten Hifi-Verstärker (1969),
- günstigste Taschenrechner mit ansprechendem Design (z.B. Sinclair Executive, 1972),
- die kleinste Digitaluhr (Sinclair Black Watch, 1976),
- der kleinste mobile Fernseher (Sinclair Microvision TV1A, 1977)
- und auch das „einfachste und fortschrittlichste“ Microcomputerboard (Sinclair MK14, 1978).

Eine vollständige Liste seiner Produkte und Meilensteine findet sich auf dieser Webseite.
Der Name Sinclair war auch immer verbunden mit Mail Order-Verkauf direkt an den Endverbraucher. Dabei sendete der interessierte Käufer einen Scheck an die angegebene Adresse und hoffte, daß er das Produkt von Sinclair schnell zugesandt bekam. Das ermöglichte Sinclair immer viel Geld einzusammeln und dann große Mengen an Bauteilen zu massiven Rabatten günstig einzukaufen.
Scheitern gehörte bei ihm dazu
Trotzdem ist das eine Methode mit der er immer nahe am Bankrott entlang glitt. Dieses war tatsächlich erstmals Ende der 70er-Jahre der Fall, als seine Firma Sinclair Radionics wegen des Desasters mit der Black Watch und dem mobilen Fernseher Microvision TV1 zuerst durch das National Enterprise Board (NEB) finanziell gestützt werden musste. Kurz darauf wurde Sir Clive vom NEB ausbezahlt und verlor 1979 sein Firma Sinclair Radionics, die er im Jahr 1961 gegründet hatte. Man spricht dabei von einem „Golden Handshake“ über 10000£.
Woran lag es, daß er so spektakulär scheiterte? Wenn man nur 7 Jahre weiter schaut, dann sieht man ihn wieder spektakulär scheitern. Im Jahr 1986 war seine nächste Firma Sinclair Research Ltd, mit der er noch erfolgreicher war, wieder kurz vor dem Bankrott. Alan Michael Sugar von Amstrad kaufte alle Rechte auf Sinclair Computer und den Sinclair Markennamen für 5 Millionen Pfund. Hat er irgendwas gelernt aus den Erfahrungen mit Sinclair Radionics?
Sinclair und seine Leidenschaften
Da ist doch wirklich ein Blick in seine Kindheit und seine Erziehung hilfreich, um zu verstehen, wie Sinclair so spektakulär wiederholt scheitern konnte. Er wuchs in einer Mittelklasse-Familie in der Nachkriegszeit in einem Londoner Vorort auf. Sein Vater und sein Großvater waren Elektroingenieure und haben damit sein Interesse für elektronische Bauteile und Schaltungen geweckt. Er konnte immer in die Tiefen der Wissensbereiche abtauchen, die ihn persönlich interessiert hatten. Bereiche, die ihn nicht interessierten hat er vernachlässigt, was seine Lehrer stets kritisierten. Trotzdem hat er seine Schullaufbahn erfolgreich abgeschlossen und es hätte ihm ein Weg in eine Universität zum Studium offen gestanden. Er interessierte sich jedoch mehr für praktische Dinge der Elektrotechnik und die konnte er sich schneller selbst erarbeiten, als durch ein Studium vermittelt zu bekommen.
Er entschied sich für eine journalistische Karriere zur Finanzierung seiner Leidenschaft Elektrotechnik und arbeitete für drei unterschiedliche Publikationen (Practical Wireless (1957), Bernards Publishers (1958) und Instrument World (1961)), für die er auch viele fachliche Artikel beitrug.
Sinclair Radionics
Über die vielen Kontakte, die er dort aufbauen konnte, hatte er die Grundlage für sein Geschäft aufgebaut. Er gründete 1961 seine Firma Sinclair Radionics. Seine große Stärke, die Fokussierung auf seine Leidenschaften, war in der Folge aber auch seine größte Schwäche. Dadurch steckte er Zeit, Geld und Aufwand in Projekte, die vom Markt nicht ausreichend nachgefragt wurden.
In vielerlei Hinsicht schaffte er es aber immer wieder Cash Cows zu finden, die seine Leidenschaften ausreichend finanzierten. Sinclair Radionics war in den 70er Jahren einer der größten europäischen Anbieter von Taschenrechnern, aber er verbrannte noch mehr Geld in seine Hobbyprodukte Black Watch und das Microvision TV1A. Mit seiner Firma Sinclair Research Ltd war er einer der größten europäischen Anbieter von günstigen Home Computern. Aber er verbrannte das dadurch eingenommene Geld in seine persönlichen Interessen: das Sinclair C5, Flatscreen TV80 und Waferscale Chip-Technologien. Insbesondere war die Gründung von Sinclair Vehicles und die Entwicklung des elektrischen Dreirads namens Sinclair C5 der Sargnagel für seinen kommerziellen Erfolg
Schlechte Kommunikation
Durch diese Fokussierung auf seine Lieblingsthemen nahm er nicht wahr, was um ihn herum passierte. In vielen Fällen verschlimmerte er die Situation noch dadurch, daß er vermeintliche Cash Cows zu früh ankündigte und damit die Situation für seine Firma und seine Kunden verschlimmerte. Dies sah man leider sehr deutlich an der Ankündigung seines neuen Computers Sinclair QL im Jahr 1984. Es war ihm wichtig, daß diese Ankündigung noch vor dem Mac, dem Atari ST und auch dem Amiga kam, obwohl er erst sehr viel später, nach vielen Nacharbeiten bei Hardware und Betriebssystem-Software, liefern konnte. Deshalb wurde das Produktkürzel QL von vielen als „Quite Late“ übersetzt. Diese Ankündigung gilt als eine der spektakulärsten marketing-technischen Fehlschläge von Sir Clive und ist bestens auf YouTube dokumentiert.
Marketing und Design der Sinclair-Produkte
Denn gerade beim Marketing seiner Produkte war Sinclair über mehr als drei Jahrzehnte immer sehr gut gewesen. Mit großen, auffälligen und gut gestalteten Anzeigen lieferten Sinclair und seine Marketing-Agentur Primary Contact immer attraktive Motivation für den Kauf der Produkte durch seine Kunden. Attraktive Preise unterstützten den Sex-Appeal dieser Anzeigen und die große Gruppe der englischen Hobbyists fand bei Sinclair immer schöne Produkte.
In dem verlinkten Artikel sind die Marketingprinzipien von Sir Clive schön zusammengefasst. In der Folge möchte ich an typischen Sinclair-Anzeigen aus den 80er-Jahren zu seinen Computern aufzeigen, wie er diese Prinzipien schon seit den 60er-Jahren angewendet hat. Auf Archive.org und vielen anderen Webseiten findet man eine Vielzahl der großartig gestalteten und strukturieren Werbungen für Sinclair Computer. Hier ist eine kleine Auswahl:
Sinclair ZX80
Doppelseitige Anzeigen von Sinclair zeigen den ZX80 zusammen mit Fernseher und Cassettenrecorder als Anzeige- und Speichermedium. Dazu ein Handbuch, das als “Sinclair teach-yourself BASIC manual” angekündigt wird. Die Bestandteile des Bausatzes werden aufgelistet. Die Möglichkeit der BASIC-Programmierung wird hervorgehoben. Mit Mail Order Form.
Sinclair ZX81

Doppelseitige Anzeigen von Sinclair zeigen den ZX81 zusammen mit einer 16K Speichererweiterung und dem Sinclair Printer. Der Preis ist noch niedriger als beim ZX80, obwohl das Gerät leistungsfähiger ist. Einsparungen konnten durch weniger Komponenten erreicht werden. Wieder wird auf die Möglichkeit hingewiesen, das Sinclair BASIC erlernen zu können. Wiederum mit Mail Oder Form.
Sinclair ZX Spectrum

Doppelseitige Anzeigen von Sinclair zeigen den ZX Spectrum, den ZX Printer und das noch lange nicht verfügbare ZX Microdrive. Er wurde in zwei Speichergrößen (16kB und 48kB) angeboten. Auf das noch fehlende Interface 1 wird hingewiesen. Wieder wird auf die “professionellen” Möglichkeiten dieser Weiterentwicklung hingewiesen. Kein Wort zu Computerspielen, die den ZX Spectrum zum erfolgreichsten Computer in Großbritannien machten. Wiederum mit Mail Order Form
Sinclair QL

Doppelseitige Anzeigen von Sinclair zeigen den QL mit einem Monitor und der Business Software von Psion, die jedem QL auf einer Microdrive-Kassette beilag. Das Multitasking OS QDOS, die “professionelle” Tastatur, die 16bit-Architektur und das neue Sinclair SuperBASIC wurden hervorgehoben. Natürlich darf wieder nicht die Mail Order Form fehlen
Auch Sir Clive war selbst häufig Teil seiner Werbekampagnen. Berühmt geworden ist sein „Quantensprung“ über die erfolgreichen, aber teuren Konkurrenzprodukte und den Sinclair QL.
Cambridge Z88

Nachdem er seinen Namen nicht mehr für Computer verwenden durfte gründete er eine neue Firma namens Cambridge Computer. Doppelseitige Anzeige des Cambridge Z88. Speicherung von Daten auf EPROMS. Eingebautes BBC BASIC. Ein wirklich mobiler Computer. Eine bessere Tastatur als bei allen Sinclair-Produkten zuvor.
Design der Sinclair Produkte
Das Design der Produkte war auch eine der Stärken von Sinclair. Allein der ikonische Sinclair-Schriftzug gefiel mir schon immer sehr gut. Sir Clive involvierte in die Produktentwicklung auch immer Designer, die sich um ein attraktives Gehäuse kümmerten. Beispielsweise wurde für das Design von ZX80, ZX81, Spectrum und QL ein junger Designer namens Rick Dickinson beauftragt. Auf seiner Flickr-Seite zeigt der heute leider nicht mehr lebende Designer die Herleitung der Design-Elemente für die unterschiedlichen Geräte. Auch für das Zubehör wie die RAM Packs, Interface 1 und 2 zeichnete er verantwortlich.
ZX80 ZX81 ZX Spectrum ZX Spectrum+ mit Interface 1 ZX Spectrum 128k QL und Tandata Modem Stack
Das schönste Design ist für mich auch heute noch der Sinclair ZX Spectrum 128k von 1985. Der schön in leuchtendem Rot abgesetzte Sinclair-Schriftzug auf dem schwarzen Gehäuse ist großartig gelungen. Auch das kantige Industriedesign des QL ist einfach zeitlos. Ich bin der Meinung, daß Sinclair schon damals die DNA hatte, die Apple mit Jonathan Ive und Steve Jobs erst ab 1997 erhalten hat. Es ist schon bezeichnend, daß beide Designer auf derselben Hochschule ihren Abschluss gemacht haben.
Uncle Clive, Mensa und der Eierkopf
Das Bild von Sir Clive in der Öffentlichkeit ist teilweise geprägt durch die Vermarktungs-Maßnahmen seiner Marketing-Agentur Primary Contact und Berichte über ihn und seine Produkte in der englischen Presse.
Computer galten immer als supermoderne Tools, welche die Gesellschaft weiter bringen sollten. Und Sir Clive war derjenige, der diese Computer bezahlbar machte. Er wurde von der Presse als Uncle Clive präsentiert, der es ermöglichte, daß die ganze Familie innerhalb kürzester Zeit „mit einem Computer wie mit einem Freund sprechen kann“.
Primary Contact went ‘single-mindedly for the user-friendly strategy’. One of the most successful slogans of the ZX80 campaign threatened ‘Inside a day you’ll be talking to it like an old friend’.
David O’Reilly in Microscope, October 1982
Das Computer Literacy Project
In den 80er-Jahren begann die Schulung der englischen Gesellschaft für mehr Knowledge-Worker Arbeitsplätze, an Stelle der immer mehr abgebauten Schwerindustrie-Arbeitsplätze. Die britische Regierung und die BBC starteten damals mit dem Computer Literacy Project eine umfassende Computer-Schulungsmaßnahme, die neben den programmiertechnischen Inhalten auch gleich den dazu passenden Computer mitlieferte. Interessanterweise war der Computer nicht von der erfolgreichsten britischen Computerfirma der damaligen Zeit geliefert worden. Der Produzent für den BBC Micro genannten Computer wurde in einer Ausschreibung ermittelt. Gewonnen hat Acorn und nicht Sinclair. Ein Umstand, der Clive Sinclair immer sehr gestört hat. Trotz dieser Niederlage waren seine Computer ZX81 und ZX Spectrum viel erfolgreicher als der Acorn BBC Micro. Anscheinend hat er diese Niederlage mittlerweile überwunden, da er und Acorns Chef von damals, Chris Curry, heute wieder zusammen auftreten können.
Darüberhinaus wurde er als die britische Persönlichkeit positioniert, die mutig gegen die übermächtigen Computernationen USA und Japan bestehen kann und bezahlbare neue Computer für die Massen erschafft.
Mitgliedschaft und Leitung von Mensa
Seit 1959 ist Sir Clive auch Mitglied von Mensa, der Gesellschaft für Hochintelligente. Ihm wird ein IQ von 159 nachgesagt. Von 1980 bis 1997 war er der Vorsitzende der britischen Mensa. Mit seinem Ansehen in der englischen Gesellschaft hat er damit auch der Organisation Mensa geholfen. In der Zeit seines Vorsitzes sind die Mitgliedszahlen sprunghaft gestiegen. Viel persönliches Geld hat er für Veranstaltungen der Mensa gespendet. Man hat ihn auch gerne als „The Working Man‘s Boffin“ bezeichnet, wobei man Boffin als Eierkopf übersetzen kann. Im Jahr 1983 wurde der erfolgreiche Unternehmer Clive Sinclair zu Sir Clive geadelt. Weitere Auszeichnungen folgten.
Sir Clive war zweimal verheiratet. Nach seiner Scheidung von seiner ersten Frau sah man ihn häufig mit viel jüngeren Frauen ausgehen. Er hatte eine Beziehung mit seiner Sekretärin und seine letzte Ehe war mit einer sehr viel jüngeren Tänzerin. Diese Ehe ist nach sieben Jahren wieder geschieden worden.
Trotz aller privaten und beruflichen Eskapaden ist Sir Clive Sinclair immer noch eine respektierte Persönlichkeit in der britischen Gesellschaft. Noch immer wird der Erfinder und Entrepreneur hoch angesehen.
Qualitätsprobleme und Lieferschwierigkeiten
Auf viel Licht folgt auch viel Schatten. Unter der schlechten Qualität seiner Produkte mussten seine Kunden häufig leiden. Sinclair hatte selten den Bedarf der beworbenen Produkte richtig eingeschätzt und wurde häufig überrascht, wenn seine Marketingkampagnen erfolgreich waren und tausende von Schecks per Post eingingen. Dann hieß es schnell die Produktion hochfahren. Sinclair kümmerte sich um den Einkauf, die Produktion hatte er schon früh ausgelagert. Erst an eine kleine Firma in Cambridge, später an Timex und Thorn EMI, aber auch Samsung waren Produzenten seiner Produkte.
Die Qualität litt nicht nur an externen Produzenten mit mangelnder Qualitätskontrolle, sondern häufig auch an den von Sinclair günstig eingekauften elektronischen Bauteilen. Für die Hersteller war das häufig Ausschuss, aber Sinclair verbaute diese trotzdem. Das war das Prinzip mit dem er groß geworden ist und dies wandte er konsequent an. Die hohe Rückläuferquote kam manchmal auch daher, dass seine Kunden beim Zusammenbau der Bausätze überfordert waren und Fehler machten.
Billig und einfach
Und natürlich ist das Design der Geräte immer auf die Maxime billig und einfach ausgerichtet worden. Wer für „professionelles“ Arbeiten einen Computer wie den QL einsetzte, der verzweifelte an der mangelnden Qualität der Tastatur und der fehlenden Zuverlässigkeit der Microdrives. Sinclair verbaute selbst für dieses Produkt Komponenten, die in einem Businessgerät nichts zu suchen hatten. Ich frage mich wirklich, ob Sinclair jemals ernsthaft glaubte, dass sein QL in Büros neben IBM PCs und Apples stehen würde und als gleichwertig angesehen würde.
Ein weiteres großes Problem für Sinclairs Kunden waren seine grossmundigen Ankündigungen zur Verfügbarkeit seiner neuesten Produkte. Das Muster ist nicht nur ein Phänomen der erfolgreichen 80er Jahre, was mit dem QL auf die Spitze getrieben wurde. Wie schon erwähnt, wurde dieser von seinen wartenden Kunden häufig auch als „Quite Late“ bezeichnet. Die Advertising Standards Authority rügte Sinclair häufig für den laxen Umgang bezüglich übertriebener Beschreibungen der Eigenschaften seiner Produkte und zugesagter Liefertermine.
Ein anderes Beispiel war die Ankündigung des neuen „revolutionären Massenspeichers“ Microdrive. Am Anfang ist man davon ausgegangen, dass es ein Floppy Disk ähnliches Produkt werden würde. Über die Zeit versuchte Sinclair über die Presse die Erwartungen zu dämpfen und zum Schluss wurde es eine Mini-Kassette mit einem Endlosband zur Aufnahme der Daten. Um die Zuverlässigkeit der Datensicherheit war es mit diesen Microdrives schlecht gestellt. Sinclair arbeitete zwar an der Verbesserung der Zuverlässigkeit, aber die Sinclair-Microdrives setzten sich gegen die Industriestandards nie durch.
Vom Mail Order Vertrieb zur High Street
Vielleicht kann man auch dem Prinzip des Mail Order Vertriebs eine Mitschuld an den Lieferschwierigkeiten geben. Eine Planung der Produktionskapazitäten ist damit schlecht möglich. Mail Order Vertrieb ermöglichte noch nicht große Stückzahlen, aber hohe Renditen. Erst durch W.H. Smith and Son, eine Kette von Buch- und Zeitschriftengeschäften, wurde der Sinclair ZX81 und später der ZX Spectrum auch in die Läden gebracht und dort in Massen verkauft. Nach W.H. Smith folgten viele weitere Ketten, die dieses erfolgreiche Modell kopierten und dafür sorgten, daß man Sinclair Computer in diesen Läden ausprobieren, kaufen und auch umtauschen konnte. In UK bezeichnet man den Vertrieb in Läden als Verkauf in der „High Street“.
Sinclair und seine Weggefährten
Eine Persönlichkeit wie Sinclair braucht natürlich auch Unterstützung auf seinem Weg. Ähnlich wie Steve Jobs hat er mit seinem visionären Vordenken einiges ermöglicht und auf den Weg gebracht. Aber im Hintergrund waren es dann andere Menschen, die die Produkte entwickelten und den Erfolg von Sinclair-Produkten erst ermöglichten.
Interne Weggefährten von Sir Clive Sinclair
- Jim Westwood: begann bereits 1963 bei Sinclair Radionics und wurde Sinclairs Chefingenieur. Wenn es um die Umsetzung der technischen Designs ging, war er immer zur Stelle
- John Pemberton: Industriedesigner bei Sinclair Radionics. War unter anderem für die Designs der Taschenrechner und des ZX80 verantwortlich
- Richard Altwasser: Ingenieur, der am Layout der ZX81-Schaltkreise gearbeitet hat. War verantwortlich für das Hardware-Design des ZX Spectrum und hat auch die Entwicklung des ZX Microdrive unterstützt. 1986 begann er als Chefingenieur bei Amstrad und entwickelte die erfolgreichen Amstrad-Modelle Sinclair ZX Spectrum +2 und +3 weiter
- Rick Dickinson: Industriedesigner mit Abschluss vom Newcastle Polytechnic. War verantwortlich für die Designs der Computer nach dem ZX80 und genoss in der Sinclair-Fangemeinde Kultstatus. Hat zuletzt Crowdfunding für Retrocomputer mit seinen Designs unterstützt (ZX Vega+) (ZX Next
- Nigel Searle: arbeitet seit 1973 mit Sinclair zusammen. Zuerst als Vertriebsverantwortlicher für Sinclair-Produkte in den USA. Ab 1982 war er Managing Director für Sinclair in UK und wurde für viele das Gesicht der QL-Kampagne
- Tony Tebby: Entwickler des QDOS für den Sinclair QL. Mit preemptiven Multitasking war es ein extrem fortschrittliches Betriebssystem
- Steve Vickers: war der Autor der ROM Firmware und des Handbuchs für den ZX Spectrum. Gründete zusammen mit Richard Altwasser die Firma Jupiter Cantab, die den Jupiter ACE ab 1982 entwickelte und vertrieb
- David Karlin: Chief Design Engineer bei Sinclair für den QL. Er hatte wie Steve Jobs bei Xerox den Alto gesehen und war von diesem Konzept begeistert. Mit dieser Vision erhielt er den Job bei Sinclair.
Externe Weggefährten von Sir Clive Sinclair
- John Rowland: Marketingentwicklungsleiter von WH Smith, der neue Produkte für die Buch- und Zeitschriftenladenkette suchte. Er positionierte den ZX81 in der High Street und sorgte für den massiven Vertrieb von Computern
- Chris Curry: der bekannteste Wegbegleiter von Sir Clive. Er arbeitete 13 Jahre bei Sinclair und war verantwortlich für die Aufnahme des MK14 in den Produktkatalog von Sinclair. 1978 trennte er sich von Sinclair und gründete mit Hermann Hauser die Computerfirma Acorn, die den BBC Micro und ARM-Prozessoren entwickelte. Diese Geschichte ist schön in dem BBC4 Microdrama „Micro Men“ beschrieben

Fazit
Mit der Persönlichkeit Sir Clive Sinclair beschäftigten sich unglaublich viele Zeitgenossen und auch noch Autoren unserer Zeit, die dem Phänomen auf die Spur kommen wollen. Die Artikel, die ich für diesen Bericht analysiert habe sind alle verlinkt und geben einen tiefen Einblick über seinen Charakter, seine Ideen und sein Leben. Auch in den letzten Jahren machte er immer wieder Schlagzeilen, entweder wegen seines Privatlebens oder seiner Umsetzungen von kompakten elektrisierten Fahrrädern.
Vielleicht war er seiner Zeit immer voraus. Erst die heutigen Akkutechnologien ermöglichten den Erfolg von Elektrofahrrädern und -autos. Heutige Displaytechnologie sorgt dafür, daß jeder einen „tragbaren Fernseher“ in seiner Tasche mitführt. Das Smartphone ist die Umsetzung von Sir Clives Ideen aus dem letzten Jahrhundert. Class D-Verstärker sind heute auch in der HiFi-Welt nicht mehr wegzudenken. Diese Idee wurde bereits 1964 von Sinclair im X-10 Verstärker verbaut, war aber technisch noch nicht ausgereift.
Folge Deinen Leidenschaften
Menschen, die erfolgreich sind, später scheitern und danach wieder aufstehen können, verdienen unsere Bewunderung. Vor allem, wenn man erkennt, daß diese Menschen nur ihre Leidenschaft ausleben und ihre persönlichen Ziele verfolgen. All das Vermögen, welches er mit seinen erfolgreichen Produkten erzielt hat, hat er mit seinen Lieblingsprojekten wieder verloren. Es ging ihm nie um Geld oder den Fortbestand seiner Firmen Sinclair Radionics oder Sinclair Research. Wie gewonnen so zerronnen.
Mir persönlich und vielen Millionen Menschen hat er mit seinen Produkten den Weg in eine komplett neue Industrie und damit neue Berufe eröffnet. Ohne ihn hätte ich wahrscheinlich Medizin studiert und wäre meinem Vater in seiner Praxis nachgefolgt. So habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht und bin IT Berater geworden.
Persönliche Bewertung der Sinclair-Produkte
Sinclairs Produkte gehörten nie zu den „guten“ im Markt, denn sie waren billig und wenig professionell gemacht.
- Der Sinclair ZX80 hatte mit seinem 1kB RAM die kleinste Speichergröße aller Computer. Bei jeder Tastatureingabe flackerte der Bildschirm, weil der Z80-Prozessor sich auch um die Bildausgabe kümmern mußte und beim Lesen der Tastatureingabe diese unterbrochen wurde. Er hatte nur eine Festkommaarithmetik eingebaut und war deshalb für wissenschaftliche Berechnungen nicht geeignet. Auf das Gehäuse war ein „Lüftungsgitter“ geklebt worden, und der Computer überhitzte manchmal, da es keine richtigen Öffnungen zum Abkühlen gab
- Der Sinclair ZX81 hat vieles besser gemacht. Aber im Grunde war dieser nur eine Evolutionsstufe des ZX80. Man konnte mit einem neuen ROM und der ZX81-Tastaturfolie den ZX80 zum ZX81 machen. Allerdings konnte das ROM nicht die fehlende Hardware zum Bildschirm-Refresh ersetzen und so blieb das Bildschirmflackern beim ZX80. Im 8kB ROM des ZX81 waren auch Fließkomma-arithmetische Funktionen enthalten
- Der ZX Spectrum war Sinclairs größter Erfolg. Aber gegen Konkurrenten wie den C64 von Commodore hatte er eine viel schlechtere Hardware. Keine Spezialchips für Ton und Bild. Der sogenannte Colour Clash-Fehler brachte Programmierer dazu innovative Problemlösungen zu finden. Die schwammige Tastatur ist wieder ein Beispiel für Sinclairs „cheap first“ Prinzip
- Der QL war ein Schritt in die richtige Richtung. Es war die erste britische Umsetzung der 16bit-Prozessortechnologie im Home Computer Bereich. Aber auch hier wurde wieder gespart und es wurde ein eingeschränkter Motorola 68008-Prozessor verbaut, um Geld zu sparen. Die Microdrives anstelle von Floppy Disks als Massenspeicher waren auch wieder so eine typische Sinclair-Entscheidung.
Danke, Sir Clive
Aber das sei ihm alles verziehen. Durch den günstigen Preis bekam ich einen Einstieg in die Computertechnologie und lernte programmieren. Ich verbesserte mein Englisch durch englischsprachige Lektüre von Your Computer und Sinclair User. Und ich verbrachte ungezählte Stunden vor dem Monitor und gab Listings aus den Zeitschriften in die Computer ein. Ich lernte interessante Leute in Sinclair-Clubs kennen und tauschte mich mit ihnen aus. Und ich war schließlich in der Lage meinem Vater zu erklären, wie man diese merkwürdige Tastatur des Sinclair ZX81 bediente.
Vielen Dank für alles, Sir Clive Sinclair.
P.S.: wer noch einen großartigen YouTube-Bericht über Sir Clive sehen will, dem empfehle ich diesen Film von Kim Justice.
Sir Clive Sinclair ein Pionier der Microcomputer bezahlbar machte. Und Computer zum Teil unseres Lebens machte. Eine der großen Persönlichkeiten die Zeitgeschichte geschrieben haben.
Ja, Sir Clive hat schon was geleistet. Aber auch für Dich habe ich einen Bericht in der Queue: Tom auf dem C16 😉
Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag, hat er mir doch das Phänomen Clive Sinclair näher gebracht…