80er Computermuseum Reisen ZX Spectrum

Besuch im LOAD ZX Spectrum Museum in Cantanhede

Lesedauer: 11 Minuten Ein Museum nur über den ZX Spectrum? Nein, im LOAD ZX Spectrum Museum gibt es Sinclair und Timex Produkte zu sehen.

Am 27.10.2023 besuchte ich das LOAD ZX Spectrum Museum in Cantanhede. Die Geschichte von Sinclair und Timex Computern in Portugal wird dort dokumentiert. Ich war sehr auf diese Ausstellung gespannt. Der Gründer des Museums heißt João Diogo Ramos und er ist der Sammler von allen Ausstellungsstücken.

Visitenkarte des Gründers des Museums
Visitenkarte des Gründers des Museums

Wenn es dieses Museum nicht geben würde, dann hätte ich nie von dieser Stadt gehört. Cantanhede hat knapp 8000 Einwohner. Im Kreis Cantanhede leben 34000 Einwohner. João hat sich mit den Verantwortlichen der Stadt zusammengetan und das Museum ist damit Teil der touristischen Ziele im Stadt-Marketing geworden.

Ich bekam die Gelegenheit mit dem Gründer João zu sprechen und er nahm sich Zeit für mich. Er machte mich auf die besondere Geschichte von Timex Portugal aufmerksam.

Die Idee nach Cantanhede zu fahren wurde geboren, als meine Freundin Katja und ich unsere Hochzeitsfeier im nächsten Jahr in der Algarve vorbereiten wollten. Ich bat sie dann auch das LOAD ZX Spectrum Museum in Cantanhede in die Planung für unsere Reise aufzunehmen. Auf dem Weg dorthin besuchten wir vorher Welterbestätten in Évora, Elvas, Tomar und Coimbra. Das kann ich jedem nur empfehlen. Es lohnt sich, diese Orte zu besuchen.

Statue eines der Söhne der Stadt
Statue eines der Söhne der Stadt

Ankunft in Cantanhede

Ich fuhr direkt von Coimbra mit dem Auto nach Cantanhede. Die Fahrt dauert knapp 20 Minuten und dann steht man in der Stadt des Conquistadors, der für Portugal das Amazonas-Gebiet entdeckte: Pedro Teixeira.

Wenige Augenblicke später kommt ein Park mit ein paar Gebäuden auf der rechten Seite in Sicht. Auf der Außenwand eines der Gebäude prangt das Farbmuster der ZX Spectrum-Streifen. In großen Buchstaben ist dort Museu LOAD ZX Spectrum zu lesen.

Der Eingang zum LOAD Museum
Der Eingang zum LOAD ZX Spectrum Museum

Ich war angekommen, benötigte aber noch einen Parkplatz. Gar nicht so einfach einen zu finden. Und dann war es mir unmöglich einen funktionierenden Automaten für Parktickets zu finden. Im Museum angekommen fragte ich einen Mitarbeiter im Museum, was ich bezüglich des Parktickets tun sollte. Er versicherte mir, dass bereits seit langer Zeit keiner der Automaten mehr funktionieren würde. Er begrüßte mich und lud mich ein das Museum anzuschauen.

Kostenloser Eintritt zum Museum

Ich war überrascht, dass keine Eintrittsgebühr fällig wurde. Wieder ein Ergebnis der Bemühungen des Stadt-Marketings. Diesen Goodie habe ich gerne angenommen. Ich fragte, ob der Gründer des Museums heute anwesend sein würde. Ich war gespannt ihn kennenzulernen.

ENTER the LOAD Museum
ENTER the LOAD Museum
Elektromobilität von Sir Clive Sinclair
Elektromobilität von Sir Clive Sinclair

Als erstes fand ich die großartige Schiebetür mit eingefräßtem ENTER Schriftzug vor. Dahinter sah ich einen Gang mit allen Elektrofahrrad-Produkten von Sir Clive Sinclair. Natürlich dominierte das C5 mit seiner Größe und der weißen Karosserie diesen Bereich. Dort lag auch das Gästebuch. Bevor ich überhaupt was gesehen habe trug ich mich bereits ein. Tatsächlich kam später João Diogo Ramos in das Museum und las meinen Gästebucheintrag. Daraufhin sprach er mich an. Aber dazu später.

QR Codes zur Erläuterung aller Ausstellungsstücke
QR Codes zur Erläuterung aller Ausstellungsstücke

Jedes Ausstellungsstück ist mit einem QR Code versehen. Wenn man diesen einliest, dann wird man auf einen erläuternden Text auf der Website des Museums geleitet. Die meisten Texte sind in englischer Sprache verfügbar.

Die Besonderheiten des Museums

Jedes Museum hat sein eigenes Thema und seine besondere Form der Präsentation. Ich habe schon viele Computermuseen entweder vor Ort (centre for computing history in Cambridge, HNF Paderborn, Binarium Dortmund, Homecomputermuseum Helmond) oder virtuell (OCM Oldenburg) kennengelernt. Hier in Cantanhede liegt der Fokus ganz offenkundig auf dem ZX Spectrum.

Aber wenn man genauer hinsieht, dann findet man die komplette Produktpalette von Sir Clive, die er über vierzig Jahre „erfunden“ hat. Dazu gehören Verstärker, digitale Uhren, Mini-Radios und -Fernseher, Taschenrechner und vieles mehr.

Und man findet heraus, dass hier die Geschichte von Timex Portugal und seiner Produkte rund um den ZX Spectrum gefeiert wird. Das Museum hat gute Beziehungen zu ehemaligen Managern und Mitarbeitern von Timex Portugal hergestellt und kann damit ganz besondere Informationen aus den 80er Jahren bereitstellen.

Around the World

Neben dem Bereich für Timex Portugal gibt es auch einen Bereich, der aufzeigt, wo überall in der Welt der ZX Spectrum eine wichtige Rolle gespielt hat. Der Ausstellungsbereich À volta do mundo (Around the World) zeigt die unterschiedlichen Klone oder autorisierten Kopien der Sinclair Computer. Beispielsweise sind aus Brasilien der TK82-C, der TX83, der TK85, der TK90X und der TK95 zu sehen. Wobei nur der TK90X und der TK95 Spectrum Klone sind.

Aus den USA kommt der Timex Sinclair TS2068 in seinem silberfarbenen Gehäuse mit der Klappe über dem Modulschacht auf der rechten Seite. Interessant sind auch Skizzen von Timex USA zu diesem Computer, die unterschiedliche Designstudien für den Computer aufzeigen. Ein handschriftlicher Vermerk Too much like TI99-4A fällt auf. Wer kann diesen Vermerk auf dem Foto unten finden?

Designstudien zum Timex Sinclair 2068
Designstudien zum Timex Sinclair 2068

Aus Portugal kommt dann schließlich der Timex Computer TC2068, der nicht mehr zusätzlich den Namen Sinclair trägt.

Ein Blick in ein portugiesisches Wohnzimmer der 80er

Hinter einer großen Drehtür findet man dann eine portugiesische Wohnzimmeridylle der 80er Jahre mit dem Sinclair ZX Spectrum.

Portugiesische Wohnzimmeridylle der 80er
Portugiesische Wohnzimmeridylle der 80er

Mir persönlich fehlte die orangefarbene Tapete der damaligen Zeit in dieser Kulisse. Alle Museen, die ich bisher besucht habe, zeigen genau so eine Zeitkapsel. In Portugal gab es anscheinend nicht diese furchtbaren Tapeten. Aber es gab wohl Spitzendeckchen über Möbeln 😉

Da ich bis zu diesem Zeitpunkt ganz allein im Museum war nutzte ich die Gelegenheit und setzte mich in den Sessel. Chuckie Egg war schnell von Kassette geladen und ich konnte das Spiel spielen. Eine sehr schöne Erfahrung und Erinnerung an längst vergangene Zeiten.

Auch in diesem Museum wird der Vollständigkeit halber eine repräsentative Auswahl von Homecomputern der 80er Jahre gezeigt. Die üblichen Verdächtigen von Commodore, Atari, Dragon, Acorn und Oric sind dabei.

Eine repräsentative Auswahl anderer Computer der 80er
Eine repräsentative Auswahl anderer Computer der 80er

Besonders gefreut habe ich mich über einen Macintosh mit geöffneten Gehäuse. Damals hat sich das gesamte Mac Entwicklungsteam innerhalb des Gehäuses mit Unterschriften verewigt. Das Museum hat die Unterschriften von Steve Jobs und Woz (Steve Wozniak) hervorgehoben.

Hands On Area für Spielkinder

An der nächsten Wand findet man ZX Spectrum Emulatoren, die man nutzen kann. Dort sind auch die erfolgreichen Ergebnisse von Crowdsourcing-Projekten zu bewundern. Neben dem ZX-UNO und dem n-GO konnte ich auch den ZX Spectrum Next aus der ersten erfolgreich abgeschlossenen Kickstarter Initiative sehen.

Der interaktive Teil des Museums für Spielkinder
Der interaktive Teil des Museums für Spielkinder

Bemerkenswert fand ich, dass das Museum auch das Ergebnis der gescheiterten Indigogo Initiative ZX Vega+ hat. Es wurde in kleinsten Stückzahlen ausgeliefert und war ein Nachweis für Missmanagement und Betrug. Auch ich hatte bei dieser Initiative mein Geld verloren und kein Produkt erhalten. Um so mehr freue ich mich auf den ZX Spectrum Next aus der zweiten Kickstarter Initiative, der im November 2023 an mich ausgeliefert werden soll.

Den Schluss der Ausstellung machen Bücher, Magazine und Softwarepakete zum ZX Spectrum aus.

Treffen und Gespräch mit João Diogo Ramos

Im letzten Raum Sala Multiusos „Rosalina Alves“ angekommen traf ich dann den Gründer des Museum João Diogo Ramos.

Er erzählte mir, dass er meinen Eintrag im Gästebuch schon gelesen hat und mich kennenlernen wollte. Er erklärte mir, dass sie den dritten Jahrestag der Gründung des Museums vorbereiten. Am Sonntag, den 29.10.2023 um 20 Uhr wollten sie einen YouTube-Livestream organisieren und diesen Jahrestag gebührend feiern. Ich versprach, dass ich auch teilnehmen wollte. Leider konnte ich wegen eines privaten Termins erst gegen 23 Uhr dabei sein. Aber der Livestream lief noch eine weitere Stunde und so bekam ich doch noch was von der Veranstaltung mit.

Parabéns zum dritten Jahrestag des Museums. Alles Gute für die Zukunft.

João ist ein typischer Entrepreneur. Er hat in Coimbra studiert und als Entwickler gearbeitet. Seine Sammlung von Sinclair Exponaten wurde so groß, dass er irgendwann Räumlichkeiten für eine Ausstellung gesucht hat. Er hat mehrere unterschiedliche Stadtverwaltungen angesprochen, ob sie mit ihm zusammenarbeiten wollten. Nur Cantanhede, seine Heimatstadt, hat zugesagt. Nach dem ersten Erfolg dort haben sich mehrere der vorher angefragten Städte gemeldet, die dann die Möglichkeiten für die Tourismusentwicklung erkannt haben. João ist sehr zufrieden über die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Stadt und will daran nichts ändern. Zusätzliche Geldmittel erarbeitet sich das Museum z.B. durch Fernsehbeiträge über Timex Portugal.

Zusammenarbeit mit Timex Portugal

Timex Portugal gibt es nicht mehr. Aber das Netzwerk von persönlichen Verbindungen hat dazu geführt, dass tausende von Dokumenten aus der Firmengeschichte von Timex Portugal dem Museum zur Verfügung gestellt wurden. Das Museum hat diese Dokumente mittlerweile vollständig digital erfasst und überlegt, wie man diesen Schatz an Informationen nutzen kann.

Ein erster Schritt ist ein Videobeitrag über Timex Portugal auf der Timex/Sinclair Website. Sehr sehenswert und das Video fasst die Geschichte zusammen, die er mir in unserem Gespräch erzählt hat.

Für mich persönlich interessant war es, die Beziehung zwischen der Mutter Timex USA und der Tochter Timex Portugal kennenzulernen. Timex Portugal produzierte Timex Sinclair Computer für den amerikanischen Markt. Timex USA stellte aber schon früh den Vertrieb von Timex Sinclair Computern ein, da sie in den USA nicht erfolgreich waren. In Portugal und Polen waren die Timex Sinclair Computer aber sehr gefragt. Dies waren die einzigen europäischen Märkte, die Timex aufgrund der Vereinbarung mit Sinclair in Europa mit seinen Produkten beliefern konnte.

Und so erkämpfte sich Timex Portugal das Recht weitere Computer und Zubehör unter dem Timex Label in Europa zu entwickeln. Timex Portugal hatte gute und motivierte Ingenieure und hat neue Produkte entwickelt wie den Timex Computer TC2068, die Timex BEU (Bus Expansion Unit), Floppy Laufwerke (FDD3/FDD3000) und auch einen CP/M fähigen Rechner.

Dramatisches Ende von Timex Portugal

Tragischerweise wurde aufgrund einer politischen Vereinbarung zwischen Frau Thatcher und dem damaligen portugiesischen Premierminister das von Timex Portugal erarbeitete Know How von Portugal nach Dundee in Schottland übertragen. Dies war das Ende für Timex Portugal und viele Mitarbeiter mussten entlassen werden. Timex in Schottland konnte das übertragene Know How nicht nutzen und musste später auch schließen. Viele ehemalige Timex Portugal Mitarbeiter können dies dem damaligen verantwortlichen portugiesischen Premierminister Aníbal Cavaco Silva immer noch nicht verzeihen.

Geocaching und Labcache rund um das Museum

Geocache zum Museum
Geocache zum Museum

Nach meinem Besuch nutzte ich noch ein weiteres Highlight von Cantanhede. Es gibt einen Geocache (GC9QTHW) namens Sinclair, der einen zum LOAD ZX Spectrum Museum führt. Wenn ihr das Lösungswort gefunden habt, gebt dieses in den Checker ein und ihr erhaltet einen Code und eine Anweisung. Wenn ihr alles richtig gemacht habt, dann findet ihr diese schöne Box und könnt sie mit dem Code öffnen.

Und der Labcache Passeando por Cantanhede_@ führt einen auf einen Weg rund um das Museum zu unterschiedlichen Plätzen in Cantanhede. So findet man auch die Statue des Amazonas-Conquistadors, Pedro Teixeira.

Fazit

Vielen Dank für all die schönen Momente, die ich in Cantanhede erleben durfte. Die Stadt macht viel, um Touristen anzuziehen. Für mich ist dieses Museum die erste Adresse zu allem, was Sinclair und Timex Computer angeht. Eine solche Sammlung habe ich noch nicht in anderen Museen gesehen. João Diogo Ramos ist ein sympathischer und umtriebiger Unternehmer, der in seiner Heimatstadt eine Referenz für alles Wissenswerte über die Geschichte von Sinclair und Timex Computer im Allgemeinen und Timex Portugal im Besonderen aufgebaut hat.

Kostenlose Planet Sinclair Ausgaben
Kostenlose Planet Sinclair Ausgaben

Es macht Spass in die tolle Aufbereitung und Präsentation des Museums einzutauchen. Vor allem die YouTube-Seite des Museums liefert einem noch viele zusätzliche Informationen. Ich kann das Museum in Cantanhede jedem empfehlen, der sich in Portugal zwischen Lissabon, Coimbra und Porto aufhält. Der Weg lohnt sich.

Und ausserdem kann man ein kostenloses Exemplar von Planeta Sinclair bekommen 😉

Für alle, die es nicht schaffen dieses großartige Museum zu besuchen, bietet das Museum eine 3D Tour an.

4 comments

  1. Hallo,
    ein sehr schöner Bericht. Ich würde mich freuen, wenn wir das in unserem Spectrum-Magazin SUC-Session veröffentlichen könnten. Meine email und Webseite habe ich angegeben mit der Bitte um Kontaktaufnahme.
    Gruß
    Thomas

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